Das vierköpfige Tentakel von Aachen und Karlsruhe.
Das Cover Art verspricht, dass es ein Wechselbad der instrumentalen Gefühle wird. Wir tauchen in musikalische Fluten ein und holen am progressiven Rock ‘n‘ Pop Korallenriff wieder Luft.
Das URBANproject stammt aus Aachen und Karlsruhe. Da, wo Stile des Barocks und die Reliquienankunft sich berühren, bildet das Urban Projekt zwischen verruchten Kiez und grüner Wiese den vielgestaltigen Kapellenkranz. „…In Zeiten von Selbstoptimierten, Menschlichkeitstotalverweigerern und Lässigkeitsmüden verteilt das URBANPROJECT schon mal belebend-tonale Spezialdragees…“, heißt es in ihrer Biografie geschrieben. Wohl wahr – Hurra!
„Short Story“ heißt das Spezialdragee, welches sich nicht leicht verzehren lässt. Es liegt wohl daran, dass das URBANproject das facettenreiche Spiel der geheimen, musischen Verknüpfung liebt – ebenso den Widerspruch aus hörbar ausgewogenem bis hin zum anspruchsvollen Soundgewand. Fakt ist, dass das vierköpfige Tentakel ihr Handwerk beherrscht. Und das will die Band auch fleißig zeigen. Entweder lehnt der Hörer sich mit geschlossenen Augen zurück, oder Augenpaare bleiben vor Erstaunen wach, jedoch ohne zu ermüden.
Trotz, dass die EP „nur“ fünf Stücke aufweist, könnten diese Fünf ein Album ausfüllen. Besonders, weil sich verschiedene Stile in die Saugnäpfe einsaugen. Ihre musikalischen Skizzen verschlingen sich und werden durch gemausten Sound verdichtet, wie ihn jede andere Band auch betreibt. In alledem sind sie sich bewusst und diesbezüglich zu jeder Schandtat bereit. Somit kann deren gemopste Muse die Farben und Strukturen einnehmen, wie es ihnen beliebt, und sie zu der Melodie führen, wo sie es zu locken vermag, ohne als diebische Elstern in dunkel, funkelnde Tanzsäle einzukehren. Diese Band benötigt mit ihrer Musik keinen gewöhnlichen Club. Da muss schon etwas Spezielles her, um die Atmosphäre im Kontinuum wirken zu lassen.
Zwischen ungestümen und harmonischen Inhalten, sind es die Geschichten, die in den schöpferischen Momenten entstehen. Während dazu die auffallende, raue Stimme Yens, die Sängerin und Texterin der Band, sich von der Lyrik zur Melancholie verleiten lässt – in all ihren vielfältigen Erscheinungsformen im Mittelpunkt stehend. Die Dramatik gibt einfach mehr her. Zeitweilig, so könnte man meinen, lugt Skunk Anansies Frontfrau Skin um die Ecke.
Im zweiteiligen „One Second“ steckt ein Hauch Prog-Rock-Ambition, der aber ganz bewusst nur ein Hauch bleibt. Es geht ja vor allem ums Storytelling, um den Trip zum Filmwerden des Stücks im Kopf.
„Hidden Strength“ lässt die eigene Ungewissheit bis zur erhofften Katharsis mitsingen. Yen singt die Zeile „I won’t give up“ so authentisch, dass das Gitarrensolo dazu abrundend schmettert. Der Name zu diesem Song ist Programm: „Verborgene Stärke“. Und darum geht es in dem Song, das eigene Potenzial auch zu leben. Außerdem darauf zu vertrauen, dass man nicht allein ist, wenn man fällt.
Zu „Hidden Strength“ selbst sagt die Band: „Er war einfach da, als einfacher, in sich schlüssiger Song, ein Song über das Aufstehen im Fallen, eine Stärke in der Instabilität, ein Vertrauen jenseits von ‚Als ob‘. In der ruhigen Entwicklung des Songs liegt die Hoffnung, irgendwie ein Geschenk von Yen an die Band. Leise Raum beanspruchend, haben wir sehr viel Liebe in das unauffällige Detail gelegt. Kleine variierte Zitate hendrixscher Akkordbehandlung, Rückkoppelungseffekte als Signatur der vergehenden Zeit, ein intentionales Gitarrensolo, und dann eine lang angekündigte Steigerung, Verdichtung zum Ende hin, das Sicherheitsnetz des Songs.“
Wie ihr lesen könnt, lässt es sich ein wenig erahnen, dass bei dieser Band Intellektualität in hohem Kurs steht. Wobei das URBANproject unterhalten will. In den letzten Jahren hat die Band ihren eigenen, unverwechselbaren Stil gefunden und drängt darauf, die Musik zu neuen Horizonten zu führen. Im Bestreben zwischen Prog-Rock, Alternative und Jazz bündeln sie diese zu einem harmonischen Ganzen.
Wertvolle Links:
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