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Avery Lynch, Chalet Belgique, Half Waif, Liv Andersson
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Various Diamonds Unique Singles

Avery Lynch, Chalet Belgique, Half Waif, Liv Andersson

Avery Lynch – somebody new

Geboren und aufgewachsen in Pennsylvania, begann Avery im Alter von 7 Jahren Klavier zu spielen und nur ein Jahr später ihre eigenen Gesangskompositionen zu schreiben. Während sie sich als Künstlerin weiterentwickelt hat, sind ihr weicher, romantischer Gesang und ihr rauer Klavierstil die Eckpfeiler ihres Sounds geblieben. Sie beginnt jeden ihrer Songs allein mit dem Klavier, bevor sie die Demos zu ihrem engen Team bringt, das ihr hilft, die Musik zum Leben zu erwecken. Avery, die oft als fröhliches Mädchen mit traurigen Liedern beschrieben wird, ist eine Künstlerin, die Geschichten erzählt. Sie lässt sich von der Welt um sie herum, den Medien, die sie konsumiert, und ihren eigenen Lebenserfahrungen inspirieren.

Mit einer zarten Klaviermelodie und Averys beruhigendem Gesang schwebt „somebody new“ in roher, ungefilterter Ehrlichkeit. Der Song ist eine ergreifende Reflexion über eine Liebe, die so tiefgreifend ist, dass sie über persönliche Wünsche hinausgeht. „Es geht darum, dass man jemanden so sehr liebt, dass man ihm Glück wünscht, auch wenn das bedeutet, dass er es mit jemand anderem findet“, erklärt Avery. Die Schönheit des Liedes liegt in seiner Einfachheit, die es sowohl tief berührend als auch mitreißend macht.

Das Musikvideo, bei dem Gus Black Regie führte, unterstreicht die filmische Qualität des Songs auf meisterhafte Weise. Avery übernimmt die Rolle des Erzählers, der die sich entwickelnde Beziehung aus der Ferne beobachtet und so den nachdenklichen Ton des Songs verkörpert. „Ich habe den Song aus der Perspektive eines Beobachters geschrieben, und das ist auch die Rolle, die ich im Video spiele“, erklärt sie. Das Video unterstreicht nicht nur die emotionale Tiefe des Songs, sondern hinterlässt auch einen bleibenden Eindruck, indem es die bittersüße Essenz einer selbstlosen Liebe perfekt einfängt.

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Foto: Avery Lynch & Jordan Van Hecke


CHALET BELGIQUE – Nummer 1 & EP Vorstellung

CHALET BELGIQUEs Sound ist zeitlos, eingängig und doch frisch, der an Synthie und Minimal erinnert. Jedoch wären diese Kategorien zu zweidimensional, wenn man bedenkt, dass alle Instrumente organisch eingespielt wurden. Echte Drums, Synthies, Bass und sparsame Gitarren. Darin verwoben eine warme Stimme, die einen an die Hand nimmt und auffängt, wenn man gerade zweifelt.

Hennes formt Zeile um Zeile, als wenn sich eine Geschichte ihren Weg bahnt. Mit einem eindrücklichen Gespür für Sprache und starke Bilder reflektiert sie Erlebtes. Manchmal auch mit einer Portion Humor. Um dem Kern dessen, was erzählt werden soll, näher zu kommen, wählt Hennes ihre Worte mit Bedacht und einer gewissen Klarheit. Dennoch verleiht sie den Texten eine poetische Tiefenschärfe.

In einem Moment des Umbruchs trifft sie auf Sonja Glass (BOY). Auf der Suche danach, die Freude am Musikmachen wieder zu finden, ergibt sich eine Zusammenarbeit, bei der es anfänglich nur ums Machen ging, ohne ein Ziel vor Augen. Vielleicht auch deshalb ist eine EP entstanden, die jedweden Erwartungen trotzt, die keiner musikalischen Aktualität hinterher eifert und sich erlaubt, das zu sein, was sie ist: zeitlos, warm, transparent.

CHALET BELGIQUE hat Songs geschrieben, in denen Sehnsucht und Hoffnung einen Platz finden, genauso wie Erinnerungen und Schmerz. „Es gab eine Phase in meinem Leben, in der ich nicht gesprochen habe. Ich hatte nichts mehr zu sagen, die Welt war mir zu laut. Drei Monate habe ich mich komplett in mein Inneres zurückgezogen“ erzählt Hennes. Ein unsichtbarer Faden verbindet Text und Musik. Die Durchlässigkeit in der Musik, die in den Kompositionen von Sonja Glass zu finden ist, bietet eine gute Balance zwischen Tiefe und Leichtigkeit, Melancholie und Hoffnung. „Mir ist wichtig, dass die Musik, die ich schreibe, eine gewisse Nahbarkeit hat und eine Zuflucht bietet. Gerade in der heutigen Zeit finde ich das äußerst wichtig.“

Während Cindy Hennes sich künstlerisch auf verschiedenen Gebieten wie Malerei, Musik und Videoarbeiten betätigt, hat Sonja Glass sich seit einigen Jahren hinter die Kulissen zurückgezogen, wo sie hauptsächlich als Komponistin agiert, als Bassistin arbeitet, oder, wie im Falle von CHALET BELGIQUE, neben dem Komponieren auch die Rolle der Produzentin übernimmt. „Wir sind uns gegenseitig eine musikalische Partnerin, ohne den gewohnten Weg einer Band zu gehen. Wir schreiben zusammen, finden gemeinsame Schnittmengen und lassen uns so viel Freiheit wie möglich. Wo uns die Reise hinführt, sehen wir dann“. Beide leben in Hamburg.

In einer Zeit, in der der ständige Druck, sich öffentlich zu präsentieren, allgegenwärtig erscheint, strebt CHALET BELGIQUE danach, mit ihrer Musik fernab der üblichen Erwartungen zu existieren. „Wir lieben das, was wir tun, doch es geht nicht um uns, es geht ausschließlich um die Musik, die wir erschaffen.“ Visuell eingehüllt wird CHALET BELGIQUE von dem spanischen Künstler Julen Itzueta. In enger Zusammenarbeit ist ein einzigartiges Artwork entstanden, welches dem Projekt eine weitere Dimension hinzufügt. Seine Handschrift setzt sich bis in die Videoarbeiten fort.

Die EP ist also nicht nur eine musikalische Einladung, sondern birgt auch die Idee, sich „künstlerisch frei zu bewegen, Dinge auszuprobieren und daran Spaß zu haben“. Manchmal hilft nur die Flucht nach vorne. Mit dem Song „Nummer 1“ hat CHALET BELGIQUE die Beschreibung eines schlechten Charakters auf den Punkt gebracht.

Mit einer guten Portion Humor, Synthie-Flächen und einer minimalistisch-coolen Basslinie taucht CHALET BELGIQUE auf der Bildfläche auf und meldet sich zu Wort. Lässig, diese „Nummer 1“, und gleichzeitig der titelgebende Song der 22.November folgenden EP.

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Half Waif – Museum & Albumvorstellung

Im tiefen Winter des Jahres 2022 in Upstate New York, die Bäume kahl und spöttisch, suchte Nandi Rose nach einer aprikosenhaften Klarheit. Sie hat diese Jahreszeit schon immer als schwierig empfunden; ihr rücksichtsloser Raub von Vogelgezwitscher und Flora, die schweren Wolken, die tief hängen und das wenige Licht ersticken, das noch übrig ist. Aber die kakophonische Stille in diesem Winter war besonders brutal. Sie hätte durch das Wachstum des Lebens aufgewühlt werden sollen, durch das Versprechen eines neuen Kapitels, einer hellen Morgendämmerung, als Rose erfuhr, dass sie mit ihrem ersten Kind schwanger war. Dieses Versprechen wurde Anfang Dezember gebrochen, als die Stille auf dem Ultraschallbildschirm die Oberhand gewann; Zeitlupenmünder verkündeten ihr, dass das Leben in ihr zu Ende war. Wie ein abgebrochener Zweig, der vom bleiernen Frost niedergedrückt wurde, verlor Rose einen Teil ihrer Zukunft, von dem sie dachte, er würde erblühen.

Es gibt ein Lagerhaus an der Spitze der Main Street in ihrer kleinen Stadt, das in ein Museum für Shaker-Kunst umgewandelt wird. Es ist nicht weit von ihrem Haus entfernt und fährt ständig daran vorbei. „Als ich ‚The Museum‘ schrieb, dachte ich darüber nach, wie schön wahnhaft es ist, ein Museum zu einer Zeit zu bauen, in der die Welt den Höhepunkt der Klimakrise erreicht. Diese Idee, Möbelstücke in einem unberührten, weißwandigen Raum zu bewahren, während draußen alles zusammenbricht.“

Sie fügte hinzu: „Ich hatte auch eine Schlagzeile über Leute gelesen, die in Island an einem aktiven Vulkan Urlaub machen, und das schien mir das gleiche Gefühl zu geben wie das Museum – im Bau. Tourismus am Rande der Apokalypse. In der Zwischenzeit sprachen mein Mann und ich darüber, eine Familie zu gründen, eine Zukunft aufzubauen, und ich beschäftigte mich mit der Verantwortung, ein Kind in eine solche Welt zu setzen – in der Menschen für Selfies posieren, während die Erde explodiert“.

  • Albumvorstellung „See You At The Maypole“ (VÖ: 04.10.2024)

Das Album ist erstanden, nachdem die frisch schwangere Nandi Rose im Dezember 2021 eine herzzerreißende Fehlgeburt erlitt, gefolgt von monatelangen medizinischen Komplikationen. „Ich trug buchstäblich den Tod in mir“, erklärt sie „mein Körper fror ein’.  Zur gleichen Zeit wurde bei ihrer geliebten Schwiegermutter aggressiver Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert; es fühlte sich an, als würde das Universum einen endlosen, grausamen Scherz spielen. Und so schrieb Rose, um sich selbst zu retten. Vor dem Morgengrauen schrieb sie in einer ruhigen Ecke des vermeintlichen Kinderzimmers, während ihr Mann auf der anderen Seite des Flurs schlief. Es waren Wiegenlieder für niemanden, ein Flüstern, das sich im Nebel auflöste. „See You At The Maypole“ ist ein Raum zum Klagen, nicht nur zum Beschwichtigen, sondern zum Verbinden. Wie lungenbrecherische Sing-a-Longs allein im Auto, Noten, die das offene Fenster verlassen, um von einem anderen aufgefangen zu werden.

Wissenswertes:

Konzert: 10.02.25: Berlin – Privatclub

Wertvolle Links:

Foto: Logan White


Liv Andersson – What Sound

Liv Anderssons Folk Noir variiert zwischen Zerbrechlichkeit und Expressivität. Und immer liegt darin eine bestimmte Schwermut. „What Sound” verleiht überwältigenden Gefühlen von Herzschmerz und Verlassenheit Ausdruck. Allerdings fragt der Song nicht nur, wie sie sich anfühlen, sondern vor allem: Wie klingen sie? Ähneln sie einem Hämmern oder einem Klirren? Und sind wir mutig genug, um wirklich zuzuhören?

Gerade die letzte Frage zieht sich durch den Song, der der Verzweiflung eine Sprache und einen Sound gibt, aber auch immer wieder auslotet, wie weit wir uns von diesen Gefühlen einnehmen lassen können, wie laut es werden darf, bis wir taub werden. Dabei bewegt sich Liv Andersson mit ihrem Folk Noir auf der düsteren Seite des Folk. Es ist intime, cineastische und lyrische Musik, die wirkt, als entspringe sie aus einem Zwischenraum irgendwo zwischen Wachsein und Traum. Liv Andersson schreibt über das, was unter der Oberfläche liegt und gerade deshalb in der Musik einen Platz findet. „Gefühle und Töne sind und waren für mich schon immer etwas sehr Ähnliches. Auf diese Weise habe ich eine Neugier für ganz viele unterschiedliche Gefühle entwickelt, weil ich mich frage, was für einen Sound sie wohl produzieren würden.”, so die Künstlerin über ihren individuellen Zugang zur Musik.

Wissenswertes:

  • 2023 zog sich die in Hamburg lebende Musikerin mit ihrem Produzenten Ben Schadow und ihrer Band in das historische Studio Nord Bremen zurück, um an ihren Songs zu feilen. Die dort aufgenommene Musik vereint Elemente aus Folk, etwas Jazz und Trip Hop auf ganz eigene Weise und erinnert an Künstlerinnen wie Laura Marling, Fiona Apple oder Portishead. Neben den bereits veröffentlichten Singles entstanden zwei weitere Songs, die am 15.November 2024 auf Liv Anderssons Debut EP veröffentlicht werden.

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Foto: Thomas Hannes