Das dritte Album trägt jedoch einen recht unrühmlichen Namen, der auf „Tierrechtler*innen“ leicht aufstoßend wirken könnte. Der ausgewählte Titel des dritten Albums „Jagd auf Rehe“ bezieht sich auf das persische Volkslied „Shekare Ahoo“, und ist somit die deutschsprachige Übersetzung des traurigen Liebesliedes.
Jasmin Tabatabai ist eine Könnerin! Auf diesem Album vereint sie ihre Muttersprache persisch sowie englisch-, französisch und deutschsprachige Poesie mit ihrer dahinschmelzenden, manchmal auch hauchenden sowie emotionalen lieblichen Stimme. Mit Hingabe gibt sie die Lieder im besten Sinne wieder. Auf diesem Album sind Chanson-Geschichten und Songs vertreten, die mit Leidenschaft ausgewählt und neu interpretiert wurden. Berühmte Lieder von bekanntem Künstler*innen – von Annie Lennox bis Hildegard Knef, von Reinhard Mey bis zu den Beatles. Selbst der Poetry Slam entfaltet seine volle Wirkung durch Jasmins Stimme und Kleins Arrangements. Auch ein Kinderlied sowie Franz Schuberts „Ständchen – Leise flehen meine Lieder“ wurden mit jazziger und „beswingter“ Note versehen. Das allerdings ging auf David Kleins Konto, der dadurch Jasmin schweben lässt. Er ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet! Denn das ist aus seinen Kompositionen hörbar.
Hildegard Knef ist neben Marlene Dietrich und Marianne Faithfull meine Lieblingssängerin. Meine Knef Sammlung ist recht hübsch. Darum fielen mir die drei Titel „Sei Mal Verliebt“, „Nichts Haut mich Um“ und „Lass Mich Bei Dir Sein“ gleich ins Auge. Ich war in keiner Weise skeptisch, ob Jasmin Tabatabai diesen Liedern gerecht werden könnte. Im Gegenteil, ich hatte vollstes Vertrauen und dies bestätigte sich als ich die drei Lieder als erstes hörte. Besonders bei meinem liebsten Juwel „Lass Mich Bei Dir Sein“ überkam mich der heimelige Gänsehauteffekt. Den Liedern lauschte ich besonnen als ob ein Kind einer Geschichte gespannt zuhört. Jasmin Tabatabai und David Klein haben es ausgezeichnet neu aufgespielt. Ich erachte auch, dass wenn die Knef noch leben würde, dass hierbei Jasmin definitiv eine Dankeskarte erhalten hätte, wie es die Knef gerne handhabte, wenn ihr etwas besonders gefiel. Die Knef kannte weder Neid noch Stolz. Sie wusste sich zu freuen und Dankbarkeit zu zeigen.
Mit Chansons zu agieren haben singende Schauspieler*innen im Blut. Jasmin Tabatabai braucht bei ihrer Musik nicht zu schauspielern, denn in der Musik wie auch auf der Bühne kann sie ganz sie selbst sein und sich vollkommen hingeben, wie sie es in der Videoauskopplung von „Shekare Ahoo“ (Übersetzt: „Jagd auf Rehe“) veranschaulicht. Das Video ist in schwarz/weiß gehalten, was dem seine besondere Ästhetik verleiht. Der Ausdruckstanz der Tänzerin Yui Kawaguchi und die Emotionalität von Jasmin Tabatabai, die im Wald an einem Baum lehnend das Lied singt, sind sehr berührend. Dieses Lied ist das liebste persische Volkslied ihres verstorbenen Vaters. Mit ihrer Interpretation wird die Sehnsucht nach dem Land, wo sie nicht mehr sein kann, deutlich. „Shekare Ahoo“ ist ein Stück, in dem es um Sehnsucht, verlorene (verlassene) Liebe und wahrscheinlich auch um Angst geht. Mit Rehen assoziiere ich Angst, Scheu und filigrane Schönheit. Mein Traum wäre niemand würde Bambi jagen. Das Video habe ich mir auch ohne Sound angesehen – es ist überwältigend, und Jasmins signifikante Intensität ist bewegend.
Eine Trennung bringt oft die besten Lieder mit sich. Es ist ein befreiender Prozess eines Künstlers oder einer Künstlerin, wie auch bei Jasmin Tabatabai. „Anymore“ ist solch ein Song, welcher aus ihrer eigenen Feder entsprang, den sie nach der Auflösung ihrer Ehe schrieb. Auch hierbei unterstützte David Klein Jasmin bei diesem Song mit rhythmisch-passioniertem Jazz.
Fazit: „Jagd auf Rehe“ kann auch frei nach Jagd nach vergessenem Liedgut, den schönsten persönlichen Liedern oder „das möchte ich gerne einmal covern“ auslegt werden. Das Album hat eine persönliche Note basierend nach Tabatabai’sche und Klein’ische Art.