Als ich eines Tages in meinem liebsten Plattengeschäft war und meine Finger durch die CD Hüllen gleiten ließen, war es ein energetischer Schub, der meine Aufmerksamkeit zu Balbina lenkte. Meine Augen fokussierten das Album, welches in Form eines Buches veröffentlicht wurde. Von Balbinas Schöpfung hatte ich bisher noch keine Kenntnis. Zuhause schaute ich mir ein-zwei Videos an und tatsächlich vermisste ich das Album, dazu ärgerte ich mich, dass ich es nicht gleich mitgenommen hatte. Es wurde mir zu einem Verlangen, es zu komplett hören und darin zu lesen. Eines Festtages wurde es mir geschenkt. Und es ist ein Geschenk, auch für das eigene Selbst-Vertrauen sowie für Mut der kreativen Freiheit.
Ich grämte mich oft, da ich dieses Album aus Zeit-, Raum- und Stillegründen nie durchgängig hören konnte – Tage und Wochenlang. Eines Nachts war es endlich soweit. In der Nacht rasselten die Töne der Tastatur und Buchstaben schwirrten um meinen Kopf herum, dazu spielte die Musik Balbinas. Was für ein Werk! Es vereint alles, was ich liebe: Bücher, Kunst und Musik.
Das Artwork des Albums ist in Taschenbuchform gefertigt worden. In den Fotografien, die im Bildband-Stil gehalten sind, ist ihr Gespür für dadaistische Gewänder sichtbar. Die Punkte sind wichtig. Die Gedichte: Gedankenfetzen, Songs, Gehirnankurbelungen.
Für extravagante und anspruchsvolle, durchaus auch irritierende musische Ästhetik, sind für mich die Einstürzenden Neubauten und Björk wie auch Kate Bush, Tori Amos, Nina Hagen und Meret Becker bedeutend. Nun erscheint auf der Treppe der der lebenden und musischen Expression: Balbina – eine singende Kreation mit Glamour, Stil, Können und Vielfalt. Die mannigfaltige polnisch-deutsche Sängerin, Komponistin und ohnehin Lyrikerin, musste wahrlich ihren eigenen Weg gehen, um kreativ ein- und ausatmen zu können. Das war auch für „pUnKt.“ signifikant.
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Mit „pUnKt.“ wird klar, weshalb sie ihrer eigenen Intuition folgen musste. Denn je verzweifelter ein Künstler versucht seiner eigenen Stimme zu folgen, die durch ein Major-Label verwehrt wird, desto schlimmer kommt es. Daraus könnte ein langsamer Abstieg in die Bedeutungslosigkeit als auch in die Depression folgen. Aus Negativität sollte Positives geschöpft, somit alle Traurigkeit ausgeweint werden, um die Energie in das eigene Selbst zu stecken. Punkt. Balbina kehrte somit der Frustration den Rücken und zog darauf mit „pUnKt.“ einen Schlussstrich unter der Major-Vergangenheit, und investierte in ihr eigenes Label namens polkadot. Sie traute sich den eigenen selbstbestimmten Neuanfang und legte ihren Fokus sowie ihre Gabe liebevoll in ihre eigenen Hände. In diesem Album steckt ihre Leidenschaft, ihre Visualisierung sowie feiert ihr Wesen die erworbene künstlerische Freiheit.
Am besten kommt ihre Musik in lauteren Sequenzen zur Geltung. In der Lautstärke gewinnt „pUnKt.“ an Kraft, Stärke, Entfaltung und Nachdruck, auch in der Stille besteht das Album in seiner umfangreichen Wirkung und verliert nicht an Anziehungskraft. Ihre Stimme fliegt in der textlastigen Lyrik umher, es liegt ein nuanciertes Beben in ihrer Kehle. Ebenso der Sound, auch dieser glänzt in seiner orchestralen Vielfalt mit R&B, Bass-lastigen Trap, Neo-Soul, Pop und Synthi Elementen, welche auch in Melancholie weilen können. Mit kryptischen Chargen, schneidenden Weltschmerz, lebenden Blitzen und bereichernder Befreiung lebt sie die Aspekte in Sprache und Ton in künstlerischer Eleganz aus. Ihre musische Kunst war ja zuvor ungewollt, da zu kompliziert, doch anderweitig gewollt.
Fazit: Balbina und „pUnKt.“ sind beeindruckende, effektvolle Erfahrungen ohne Einheitsmatsch der Maschinerie. Mit Unterstützung von Empowerment Ebow in „Weit Weg“ und Primus Herbert Grönemeyer in „Machen“.
(… es hat etwas mit mir gemacht … )