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Charlie Risso – Alive
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Reviews Schmuckkästchen

Charlie Risso – Alive

Charlie Risso ist ein Dream-Pop Rätsel, welches es zu enträtseln gilt. Zumal interne Erklärungen zu ihren Alben und Songs wie bei Chelsea Wolfe kläglich zu finden sind. Denn: „Ich möchte mich selten festlegen oder zu viel erklären, vor allem nicht in den sozialen Medien. Ich ziehe es vor, dem Hörer die Freiheit zu lassen, selbst zu fühlen und zu interpretieren, so dass die Lieder auf eine persönliche Weise ankommen. Manchmal deute ich vielleicht etwas an, ein Fragment der Geschichte, aber nie zu viel.“

Nicht nur der eine Aspekt ist so geheimnisvoll an ihr, auch dass sie aus einem Nebel heraustreten und den Kreis einnehmen kann, in dem sie sich befindet. Und darin verzaubert sie in atmosphärischer Intensität mit filigranem, englischsprachigen psychedelischen Noir-Folk Gewand, der gerne vom sensitiven Upbeat bis hin zu Alt-Pop wandelt.

In metaphorisch-surrealistischer Lyrik arbeitet sie unaufhaltsam und stoisch für das, was sie liebt – ihre Musik. Für eine bessere englische Aussprache tauchte die aus Italien stammende Singer-Songwriterin im Alter von 20 Jahren für eine Weile in die Londoner Welt hinab, um später in erfrischter zweisprachiger Selbstsicherheit ihr erstes Album in der Heimat aufzunehmen. Für ihr drittes Studioalbum „Alive“ erhellte ihr Gemüt ein besonderes Licht auf: Hugo Race, einem legendären australischen Gitarristen. Er rief sie an, weil er eine experimentelle Idee auf der „Puccini Floating Academy“ in der Toskana verwirklichen wollte.

Darüber erzählt sie selbst: „“Alive“ begann von dem Moment an zu existieren, als ich begann, die ersten Songs zu schreiben. Als ich anfing, mit meinem Freund und Gitarristen Robin Manzini (dessen Musik in ‚Burning the Ashes‘ und ‚The Bench‘ zu hören ist) an Arrangements zu arbeiten, erhielt ich einen Anruf von Hugo Race, der mich einlud, an einem künstlerischen Residenz-Experiment in der Toskana an der Puccini Floating Academy teilzunehmen, das von dem engagierten Produzenten Nicola Barontini geleitet wurde.“

Dies klingt nach einer Fügung. Einer Kooperation, die bestehen musste. „Es fühlte sich wirklich wie eine Zusammenarbeit an, die für uns bestimmt war. Hugos Klang, so rau und wüstenhaft, steht in starkem Kontrast zu der Sanftheit und Wärme meiner Stimme. Von dem Moment an, als ich seinen Anruf erhielt, wusste ich, dass es etwas Besonderes werden würde.“

Bei Gott, sie nahm das begeisternde Angebot an und reiste in eines der schönsten Reiseziele Europas. Als „Alive“ das Licht der Welt erblickte, erfüllte die Veröffentlichung auch den legendären Bad Seeds Multikünstler Hugo Race mit Stolz. Denn er teilte auf seinen Kanälen mit, dass „dieses Album sein Herz und seine Seele ist, und aufrichtig hofft, dass es auf Resonanz stoßen wird.“

Das Album selbst ist für die naturverbundene Musikerin eine Seelenreise in die Traumwelt, um individuelle Gefühle der Hörenden zu erwecken, auch um sich emotional wieder einzufinden; in einer Realität, die einen stetig auf eine Zerreißprobe stellt. Dieses Gefühl schmückt im titelgebenden „Alive“ ihre verloren geglaubten Gefühle, die sie in einer vernebelten Blase gefangen hielt, bis sie sich wieder lebendig fühlt. Der Song befindet sich in einem Wechselspiel aus Einsamkeit und sehnsüchtigem Verlangen.

Die Murder-Ballade „The Wolf“ ist ein Duett mit Hugo Race, der von Italiens bittersüßer Soundlandschaft inspiriert ist. In diesem düsteren Song hat er den Part des Wolfes eingenommen, der die Erinnerung zu der „Where the Wild Roses Grow“ Ballade um Nick Cave und Kylie Minogue aufblitzen lässt, die im Jahre 1995 zu einer weltweit erfolgreichen Single wurde.

In einen wunderbaren Indie-Pop Song gelingt es Charlie Risso in „Railroad“ ihre surreale Poesie mit einem wachen Geist zu komponieren. Hierbei liegt ihr Körper auf einem Bahnsteig, der in einem gepflückten Blumenmeer badet, während die Gier viele Seelen zerreißt.

Im Video zu „By The Lake“ wird bewusst ein visueller Filter aus den 80er Jahren verwendet, um die Betrachtenden in diese Zeit des lebendigen künstlerischen Ausdrucks zurückzuversetzen. Nicht zuletzt, um die Ästhetik des Geheimnisses der Serie von Twin Peaks widerzuspiegeln, die für ihre Mischung aus Mystery und Surrealismus bekannt ist. Zudem hegt Charlie Risso eine Leidenschaft für David Lynch, der ihr die Inspiration zu ihrem Album schenkte.

„Good Track“ erinnert zuerst gesanglich stark an die ersten Lana del Rey „Born to Die“ Songs. In diesem Stück ist sie sich ihrem Weg bewusst, den sie geht. Trotz aller Höhen und Tiefen bleiben zum einen ihre eigne Insel unbezwingbar und zum anderen ihre Seele unzerstörbar.

Den Abschluss bildet ein zärtlich-düsteres „Time“, welches die Verwirrung freiküsst. Im Traum jedoch darf die gemeinsame Zeit verweilen. Eine Spieluhr führt den Song an, die mit Violinen Einsätzen verstärkt wird und auf das Traumwandeln, wie Regen auf leere dunklen Straßen, einwirkt.

Charlie Risso gelang es mit „Alive“ ein cineastisches drittes Werk zu veröffentlichen, welches in seinem mystischen Klanguniversum ausbalanciert ist, worin sich Poesie und Melancholie anschmiegen, wie ein langer seltener Tanz voller Zuneigung.

Wissenswertes:

  • Das Album ist auf CD sowie auf Vinyl erhältlich

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