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Debby Smith – im Interview
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Debby Smith – im Interview

Über Debby Smith Debüt-EP „Peace of Mind” habe ich bereits meinen verliebten Ausdruck verliehen. Mich kitzelte es oft in den Fingern und im Herzen sie um ein Interview zu bitten. Es freute mich ungemein, als sie zusagte. Darüber bin ich unendlich dankbar. Sie ist eine DIY-Künstlerin durch und durch… doch lest selbst …  

Hallo Debby, vielen lieben Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst. Es ist zurzeit kurios. Diese Panikmache und Hysterie sind verrückt. Es ist so unglaublich crazy, man wird von selbst verrückt und wahrscheinlich krank. Aufgrund der Pandemie wurde auch Deine Tour abgesagt. Was hat es mit Dir gemacht? Wie geht es Dir damit und auch finanziell?

Hi Marlene, sehr gerne, vielen Dank dir.

Ja, es ist wirklich eine absolut verrückte Zeit. Ich finde man fühlt sich ein wenig wie in einem schlechten Film, nur weiß man noch nicht, wie er ausgehen wird. Es ist so surreal, wenig greifbar.

Klar ist es super traurig, wenn ein Konzert nach dem anderen einfach abgesagt wird, gerade weil sehr viel Arbeit und Herzblut da drinstecken. Ich weiß gar nicht genau warum, aber ich habe es trotz allem bisher noch sehr gefasst genommen.

Ich mache mir natürlich viele Gedanken darüber, wie es jetzt weiter geht, vor allem finanziell. Wie lange wird die Situation andauern, was kommt danach, wann nimmt alles wieder seinen gewohnten Gang ein, wird es überhaupt so wie vorher? All diese Fragen beschäftigen mich persönlich natürlich schon sehr.

Dass das alles eine bittere Situation ist, darüber brauchen wir nicht reden, aber es bringt jetzt nichts in Panik oder gar Hysterie zu verfallen. Ich versuche mich da gerade nicht zu sehr rein zu steigern, das bringt niemandem etwas. Ich lebe gerade eher von Tag zu Tag, fahre mal komplett runter, reflektiere viel, und merke neu wie privilegiert ich bisher gelebt habe und auch immer noch lebe.

Damit möchte ich nichts schönreden oder Ängste und Emotionen nicht ernst nehmen.

So eine weltweite Krise ist für uns alle ja komplett neu, und jeder geht damit anders um. Ich hoffe nur, dass wir innerlich nicht daran zerbrechen, sondern dass es uns stärker macht und wir uns wieder mehr auf wesentliche Dinge besinnen. Von daher bleibe ich hoffnungsvoll und zuversichtlich.

Du hast auch ein Wohnzimmer Konzert gegeben. Ich fand es super! Du nutzt also auch die notgedrungene „Auszeit“ zur Mußezeit? Oder wie überbrückst Du die Situation? Wie geht es danach mit Deiner Musik weiter?

Ja genau, das hat großen Spaß gemacht.

Ich weiß gerade natürlich nicht so genau, wie es mit meiner Musik weitergeht, aber ich versuche am Ball zu bleiben und die Zeit zu nutzen um zu üben, mich neu zu ordnen, zu lesen, solche Dinge eben. Das klappt mal gut, mal weniger gut. 😉

Ich hatte vor der Krise schon Akustikversionen meiner Songs und eine Single aufgenommen, daran arbeite ich gerade weiter. So richtig zum Songwriting bin ich noch nicht gekommen, da es mir noch schwer fällt die richtigen Worte zu finden.

Debby Smith -privat- exklusiv für Female Voices
Ein Foto von ihr in ihrem kleinen Arbeitszimmer, in dem sie auch viel übt und schreibt.

Wir wollen uns nicht weiter runterziehen lassen. Also: Nun zum schönem – zu Deiner Musik, der ich irgendwie verfallen bin. Jedes Stück erzählt eine eigene Geschichte. Meine beiden persönlichen Lieblingslieder sind: „O Heaven“ und „Labyrinth“. Für „O Heaven“ hast Du längere Zeit gebraucht, um es zu schreiben. Es hat viel Tiefe und hat mir das Gefühl gegeben, aufgefangen zu werden. Zumal es das ausdrückt, was man selbst nicht in Worte fassen kann. Was inspirierte Dich zu diesem Song?

Erstmal, vielen lieben Dank. Das ist super schön zu hören.

„O Heaven ist der Song, an dem ich bisher am längsten geschrieben habe. Ich glaube sogar insgesamt über ein halbes Jahr. Das lag vor allem daran, dass ich selber charakterlich durch einen Prozess gegangen bin, weswegen immer wieder neue kleine Textschnipsel dazukamen. Bemerkenswert ist, dass der Song mit seinen 808 Beats der elektronischste Song der Platte ist, was mir besonders gut gefällt. Auf den Song freue ich mich eigentlich immer am meisten, wenn ich live spiele.

Der Song entstand in einer Zeit in der ich mich ständig auf einer emotionalen Achterbahn befand. Ich musste mich als Künstlerin ganz neu finden, machte mir viele Gedanken über das „Musikbusiness“, was könnte funktionieren, was nicht, auf welche Meinung gebe ich etwas, wem vertraue ich, wie kann ich mithalten, all diese absurden, aber vermutlich auch total menschlichen Gedanken. Tausend Stimmen und Meinungen in meinem Kopf, aber meine eigene Stimme habe ich ganz klein gehalten. War irgendwo zwischen „Du bist nicht gut genug“ und „alles muss perfekt sein“.

In „O Heaven“ hinterfrage ich meinen inneren Antrieb, meine Motivation. Werde ich von der Angst getrieben oder handle ich aus Liebe und Vertrauen heraus? Da wo ich von der Angst getrieben werde, werde ich zur Perfektionistin, habe Angst vor Kritik, Angst nicht gut genug dazustehen. Oder wenn die Last der Welt auf meinen Schultern liegt und sie mich so runterdrückt, dass ich mich wie gelähmt fühle. Ich glaube wir kennen alle dieses Gefühl.

Der Song steht genau in dieser Zerrissenheit, er ist fast schon wie ein Gebet, wenn ich wieder merke, dass ich nicht von der Liebe, sondern der Angst getrieben werde, dann wünsche ich mir, dass mir jemand aufhilft, oder mich auffängt, wenn ich wieder zu hoch in den Wolken schwebe.

In „Labyrinth“ ist das Zusammenspiel zwischen Dir und Dahomey perfekt. Dahomey war auch nicht in dem Video dabei. Wurde er auch in dem Song eingespielt. Über ihn konnte ich auch nichts in Erfahrung bringen. Zumal bin ich in dem Hip-Hop Genre auch sehr unwissend. Ich gebe es zu, es ist nicht mein Fachgebiet. Wie seid ihr euch begegnet? Was hat Dich generell zu diesem Song inspiriert?

Der Song „Labyrinth“ geht wie der Titel schon andeutet darum, dass sich das Leben manchmal wie ein Labyrinth anfühlt. Man weiß nie so genau, was hinter der nächsten Ecke auf einen wartet. In einem Moment denkt man noch, man habe alles im Griff und schon läuft man gegen die nächste Wand. Es ist ein Song auf die Freundschaft. Dass wir einander helfen, durch dieses Labyrinth zu gehen. Uns ermutigen und anfeuern. Wir sind nicht alleine, wir haben alle dieselben Ängste und Sorgen.

Dahomey kenne ich schon sehr lange, er arbeitet zurzeit unter einem Synonym, da er intensiv an seinem eigenen Projekt arbeitet. Sobald da was kommt, lasse ich es euch wissen. 🙂

Ich mag seinen Part besonders gerne, da er dem ganzen Song noch so eine schöne R´n´B Note verleiht.

Dein Debüt „Peace of Mind“ ist unglaublich gut. Ich war atemlos, doch ließ es mich atmen. Es klingt sehr professionell und auch koordiniert. Wie hast Du es nur geschafft?

Hahaha, das weiß ich auch nicht so genau. Viel harte Arbeit, Tränen, dranbleiben, an sich selbst und seine Vision glauben, nein sagen zu können, sich nicht mit dem erst Besten zufrieden zu geben, neugierig/Schülerin bleiben (!!), ein bisschen Naivität und Idealismus und vor allem viel Spaß haben, an dem was man macht… Das Schöne und gleichzeitig Schwierige ist ja in kreativen Berufen, dass es nicht den einen Weg gibt. Jeder Weg verläuft anders. Ich glaube, ich habe mir vor allem viel Zeit gelassen. Das war wichtig für den Prozess.

Für mich war immer klar, dass ich ein Album oder eine EP herausbringen möchte, dass es am Ende dann aber so lange dauert, das hätte ich nicht gedacht…

Ich bin kein Mensch halber Sachen, wenn ich mich einer Sache hingebe, dann zu 100 %. Es war zwischenzeitig wirklich sehr, sehr mühsam, aber gleichzeitig wächst man in so einer Zeit auf vielen Ebenen.

Ich musste vor allem erstmal das richtige Team finden. Das hat tatsächlich mehrere Jahre gebraucht. Nun bin ich unendlich dankbar für Monti, der die EP produziert hat. Ich habe so viel von ihm gelernt. Wir haben uns in dieser Zeit ganz viel ausgetauscht, über Kunst geredet, das Musikbusiness und dann natürlich intensiv über viele Monate hinweg am Sound gebastelt.

Mein Mann Tim, der selber auch Musiker ist hat auch einen großen Part in dem Prozess eingenommen. Über ihn habe ich überhaupt erst Monti kennengelernt. Tim findet einfach immer wieder die richtigen Worte, um mich zu motivieren. Dafür bin ich so dankbar. 

Debby Smith „Piece of Mind“

Du hast das Album selbst finanziert, indem Du wahrscheinlich viele Jobs annehmen musstest. Ich find das Klasse! Andere Singer-/Songwriterinnen nutzen die Plattform „Crowdfunding“. Warum hast Du diese Plattform nicht in Anspruch genommen?

Ich hatte auch darüber nachgedacht ein Crowdfunding zu machen, mich hat der Gedanke aber innerlich total gestresst. Ich hatte ja bis dahin noch nichts veröffentlicht und brauchte deswegen sehr viel Zeit um überhaupt rauszufinden, wie das alles geht.

Crowdfunding ist eine super Sache, aber es ist auch mit sehr viel Arbeit verbunden und dem inneren Druck endlich fertig zu werden.

Ich wollte ganz still und heimlich für mich an den Sachen arbeiten, weswegen ich mich dagegen entschieden hatte.

Die EP habe ich dann komplett selbst finanziert, in dem ich über Jahre hinweg Geld gespart habe, das ich hauptsächlich durch Auftritte verdient hatte.

Aber wer weiß, für das Album mache ich vlt ein Crowdfunding. Mal sehen 🙂

„Peace of Mind“ ist bereits über ein halbes Jahr draußen. Wie war die Resonanz und wann wird das Debüt-Album dazu erscheinen?

Ja Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Die Resonanz war von dem was ich so mitbekommen habe gut. Es ist natürlich gar nicht so einfach als kleine Künstlerin in kürzester Zeit eine große Reichweite zu generieren. Aber darum geht es ja auch erstmal gar nicht. Es braucht alles viel Zeit und Geduld. Deswegen bin ich sehr happy mit der Resonanz und welche Kreise es schon gezogen hat.

Besonders habe ich mich natürlich gefreut, dass der Radiosender NJOY mich zur Newcomerin des Monats ernannt hat. Damit hatte ich natürlich überhaupt nicht gerechnet.

Ich möchte eigentlich nicht zu lange warten ein Album herauszubringen, aber den genauen Zeitpunkt weiß ich aktuell noch nicht. In der Zwischenzeit werde ich aber einige Akustikversionen meiner aktuellen Songs veröffentlichen und auf jeden Fall noch ein paar Singles.

Sind bereits die weiteren Songs dafür geboren und eingespielt? Über welche Geschichten wirst du schreiben? Bestimmt sind diese genauso gut wie die auf der EP.

Ich arbeite schon fleißig an neuen Songs und Ideen. Mich persönlich beschäftigt gerade das Thema „Loslassen“ sehr stark. Loslassen von Dingen, die ich nicht ändern kann, loslassen von negativen Gedanken. Mal sehen, was da noch so kommt… mehr verrate ich nicht.

Oh, das kenne ich. Ist auch ein Thema, welches mich beschäftigt. Bin gespannt!

Du unterstützt auch Musikerinnen mit dem Festival „Ladies Artist Friends“. Du bist Mitbegründerin. Ich würde mich freuen, wenn Du mir zu diesem tollen Projekt etwas erzählst.

Wir haben Ladies Artists Friends vor ungefähr 4 Jahren gegründet. Eigentlich haben wir uns einfach nur mit ein paar Hamburger Künstlerinnen zu einem Glas Wein getroffen, um uns einfach mal auszutauschen. Als DIY-Künstlerin bist du eben auch eine stückweite Unternehmerin, du bist dafür verantwortlich, dass alles funktioniert, dass deine Band Gage erhält, deine Songs veröffentlicht werden, du Konzerte spielst etc. etc.

Das ist unglaublich aufwendig und kräftezehrend.  Deswegen tut es super gut sich mit anderen Künstlerinnen zusammenzutun und voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu beraten und zu unterstützen.

Dabei entstand ziemlich schnell die Idee, ein gemeinsames Konzert auf die Beine zu stellen, woraus letztendlich das Festival „Ladies Artists Friends“ entstand.

Mit der Konzertreihe wollen wir vor allem das Gefühl, dass wir gemeinsam stärker sind, nach außen tragen, und darüber hinaus zeigen, welche Vielfalt es in der Hamburger Musikszene gibt.

Du bist selbst der Stimme der Musik gefolgt. Was hat Dich als Musikerin geprägt?

Ich bin in einer Großfamilie mit sechs Kindern aufgewachsen. Wir haben alle immer viel Musik gemacht, obwohl meine Eltern selber keine Musiker sind, aber das Haus war eigentlich immer gefüllt mit Musik. Mit 6 Jahren habe ich angefangen Klavier zu spielen und gelernt mich selbst zu begleiten.

Eine besonders prägende Zeit war für mich vor allem die vielen Jahre, die ich ein einem Hamburger Gospelchor gesungen habe.

Was mich glaube ich aber auch sehr geprägt hat, ist die Tatsache, dass ich mir alles hart erarbeiten musste. Ich bin zwar in einem sehr behüteten Elternhaus aufgewachsen, aber finanziell war es immer etwas eng. So musste ich mir den Klavierunterricht, später dann auch den Gesangunterricht und das Studium, selbst finanzieren. Dadurch habe ich das Musik machen nie für selbstverständlich genommen und mich ganz bewusst für diesen Weg entschieden.

Wünschst Du Dir den ausgeprägten kommerziellen Erfolg, oder ein Star zu sein? Wie weit würdest Du gehen, was würdest Du ablehnen?

Das ist eine interessante Frage. Klar wünscht man sich mit seinem eigenen Projekt Erfolg, hofft davon irgendwann komplett leben zu können. Aufgaben wie Booking, PR etc. abgeben zu können. Aber mir war immer bewusst, dass man dafür unter Umständen einen hohen Preis bezahlen muss.

In der Vergangenheit hatte ich schon oft Anfragen wie: „Wir machen aus dir die nächste (braunhaarige) Helene Fischer“ (Kein Scherz) oder: „Wir haben hier einige richtig gute Songs, die perfekt für dich wären, allerdings bist du schon zu alt, wir müssten dich jünger machen“ (Ich war zu dem Zeitpunkt süße 22 Jahre alt…).

Ich habe all diese „Angebote“ immer dankend abgelehnt. Ich war nie daran interessiert meine künstlerische Freiheit gegen kommerziellen Erfolg einzutauschen. Es ist ja eben gerade so traurig, dass Musik so oft zum reinen Produkt gemacht wird.

Und was bedeutet schon Erfolg, wenn es dich innerlich nicht erfüllt. Es gibt so viele KünstlerInnen, die vielleicht nicht super bekannt sind, aber trotzdem ausverkaufte Tourneen spielen, die einfach ihr Ding machen, abseits des Mainstreams und so die Kultur formen und gestalten. Das inspiriert mich.

Mit welcher Künstlerin würdest Du gerne einen Song zusammenschreiben?

Keine leichte Frage. Es gibt so viele tolle Künstlerinnen da draußen. Spontan fällt mir Emily King ein. Eine unfassbar tolle Songwriterin. Vermutlich mit ihr.

Zu welcher Künstlerin schaust Du auf? Oder inspirierte Dich in Deinem musikalischen Leben?

Da gibt es tatsächlich nicht die eine.

In meiner Teenager-/Jugendzeit war es für lange Zeit Alicia Keys. Das Mädchen aus Hells Kitchen lernt klassisches Klavierspielen, schreibt alle ihre Songs selber. Sie war mit der Grund warum ich so hartnäckig dran geblieben bin Klavier zu üben.

Mittlerweile schaue ich nicht mehr zu einer bestimmten Künstlerin auf. Viele inspirieren und faszinieren mich ganz arg und ich liebe es vor allem neue Künstlerinnen zu entdecken.  Aber um mal ein paar Künstlerinnen zu nennen, die mich aktuell oder wieder neu inspirieren, würde ich spontan sagen Lianne LaHavas, Madison Ryann Ward, Emily King, Little Simz, H.E.R., Kat Frankie, Phoebe Bridgers, Eloise, Joni Mitchel, Tori Kelly, Lauryn Hill, Sara Bareilles und so viele mehr :).

Und nun zu meiner Lieblingsfrage; da wird wahrscheinlich kaum eine Künstlerin in einem Interview mit „Female Voices“ drumherum kommen: Kate Bush hatte aufgrund des Buches sowie des Films „Sturmhöhe“ von Emily Brontë Inspiration für ihren Klassiker „Wuthering Heights“. Welches Buch würdest Du gerne vertonen wollen bzw. einen Song schreiben?

Ich habe vor kurzem das Buch „Small Great Things“ von Jodi Picoult gelesen, es hat mich total berührt. Ich glaube darüber könnte man toll einen Song schreiben.

Oder über Betty Smith´s Klassiker „Ein Baum wächst in Brooklyn“.

Herzlichen Dank für das Interview.

https://www.debbysmithmusic.com/

https://www.facebook.com/Debbysmusic/

Titelbild by Lea Bräuer http://www.leabraeuer.com/