❖ Female Voices ❖ the alternatives ❖
You Are Reading
EDDIE – Ambivalence
0
Reviews Interviews

EDDIE – Ambivalence

EDDIE sind die zwei Riot Grrrls Nylar (Bassistin/Sängerin) und London (Gitarristin/Sängerin), sowie Schlagzeuger und Shouter Ascánio, die sich in ihrem Proberaum austoben, der in der idyllischen Fontanestadt Neuruppin in Brandenburg liegt. Mit Punk im Herzen geben sie ihrem Songwriting, der Liebeskummer und Verliebtsein, Periodenqual und Polizeigewalt beinhaltet, Raum sich zu entladen, wie die Knüppelgang auf einer Demo.

Kennengelernt haben sie sich als Nylar und Ascánio für ein gemeinsames Projekt jemanden an der Gitarre suchten. Mit London wurden sie Anfang des Jahres 2024 fündig. „Wir haben uns drei Monate lang so oft es ging getroffen, um zu jammen und an unseren Songs arbeiten. Mitte Mai nahmen wir das Album im Big Snuff Studio Berlin auf. Doch bevor wir das Album aufnahmen, spielten wir ein paar Gigs in Berlin. Später in Leipzig, Hamburg, Rostock und Neuruppin.“ Zudem wurde ihr erster Auftritt zu einem ihrer prägendsten Momente: „Wir spielten in Berlin und zu dem Zeitpunkt war jeder einzelne von uns lange nicht mehr auf der Bühne. Da haben wir alles raus gebrettert was geht, und die Leute tanzten und man konnte die Energie in den engeren Punkladen spüren.“

Ihr Debütalbum „Ambivalence“ beinhaltet zehn Songs, die sich anhören wie ein Sampler, auf dem verschiedene Musiker:innen ihren eigenen Spirit präsentieren. Dem jedoch wäre nicht so, denn das Trio wirkt zusammen: „Nee, „Ambivalence“ ist kein Sampler. Bei uns singen und schreiben alle Songs. Wir probieren uns gerne aus. Von daher hat das Album auch ein paar diverse Sachen.“

Das Album alterniert im Punk, nur „…haben wir auch gerne verschiedene Einflüsse in unserer Musik und probieren uns nebenbei im Instrumentenwechsel aus.“ Zu den Einflüssen gehören Garage Bands der 60er, dazu die Anfänge des (Hardcore-)Punks bis hin zu Hardrock und dem besten Grunge der 90er. Die unterschiedlichen Stile ergründen sich darauf, dass Gitarristin London mit den 60/70er und Hard Rock in Berlin, Nylar mit Alternative Metal und gleichzeitig mit Rock wie Queen in Neuruppin großgeworden sind, während Ascánio mit Reggae im Baden-Württembergischen Lörrach aufgewachsen ist.

„Bei uns kam der Punkspirit (mit Kassetten und Plattensammeln) etwas später, aber das haben wir auch den befreundeten Bands zu verdanken, mit denen wir spielen durften, die etwas früher in der Punkschiene waren und damit aufgewachsen sind. Doch als wir uns besser kennenlernten, war für uns sofort klar, dass wir aufgrund unterschiedlicher Genres, weil wir auch Musik von Janis Joplin, Queen oder die Beatles lieben, den Punkspirit mit großem Respekt an die Undergroudbands beibehalten wollen, aber auch andere Stile mit einfließen lassen möchten.

Der Opener „Aviary“ ist entstanden, als Nylar im Winterurlaub mit ihrer besten Freundin in einer Sauna im Kellergeschoss eines Hotels waren. Dort gab es einen 3×3 m Käfig mit zwei tropischen Vögeln. „Der Missmut über die Situation der Vögel, eingesperrt im Dunkeln zu sein, inspirierte beide, den Text auf der Rückfahrt zu schreiben. Dann wurde gemeinsam in einer Probe der Song musikalisch vollendet.“

Über den Song „Name of my Love“ erzählten sie, dass es schwieriger war, die richtigen Worte im Vergleich zu den anderen Songs zu finden, wo sie versuchten, anders zu arbeiten als bei den lauten Songs. Mit lauten Songs meinen die drei Scheidungskinder „Divorce Party“. Diesen Song zu spielen, bereitet denen immer viel Spaß, „weil wir alle drei als Scheidungskinder bei dem Song schön Dampf ablassen können.“

Der eingängige Song „Midnight Song“ beschreibt die Situation, in der man sich befindet, wenn die Augen geschlossen werden, die Bilder aufblitzen und das Getränk sich stets von allein auffüllt, weil die Erinnerung, die Sehnsucht und das dazugehörige Vermissen zu groß sind.

In „Just One Time“ wird darauf gedrängt, es noch einmal zu sagen, nicht nur, weil das Gefühl so schön ist, sondern weil es bestärkt. Leider weiß sie auch, dass sie eine Verlierende in der Liebe ist. Und sie will es wissen und stellt die bittere Frage: Warum bin ich es nicht?

„Friends“ ist ein balladesker, bittersüßer Song, welcher von Nylar angestimmt wird, bis Ascánios schwerer Part aufrüttelt und der Trauer wutbebend begegnet. Dieser Song zeigt auf, welche Gestalt eine aufbrausende Aggression annehmen kann.

Im letzten Song „Mansplain“ verdeutlichen sie ihren Zorn auf Macho, Männlichkeitsprotz bzw. toxische Männlichkeit, ohne Wenn und Aber – „Nothing more to say“. Katharina Dietze von Katha und die Dudes steuerte den Operngesang bei. „Da wir kleine Beatles Fans sind, haben wir beim Outro ein leichtes Out- und Fade-In gemacht, wie bei ‚Helter Skelter‘“.

Für EDDIE ist es wichtig, sich mit Themen auseinanderzusetzen, „selbst, wenn sie uns persönlich zwar nicht betreffen, aber trotzdem heutzutage problematisch in der Welt sind.“ Somit finden frenetische Punkenergien ihren Weg nach Neuruppin, um über Bandcamp oder auf den Bühnen verstreut zu werden. Dort folgen sie keinem Konzept, stattdessen spielen sich liebend gern ins Jam ein, um sich zu verbinden.

Was für EDDIE bedeutsam ist, ist, wenn sie unterwegs sind, dass sie sowohl neue als auch tolle Leute kennenlernen und mit coolen Undergroundbands spielen dürfen, von denen sie musikalisch beeinflusst werden. Ebenso sind es die kleine Momente, die sie aufleuchten lassen, wenn die Bands untereinander ihre Schallplatten austauschen, wodurch ein herzliches Gefühl im Miteinander und Ankommen entsteht.

EDDIE und „Ambivalence“ sind Katalysatoren, die ihren Platz gefunden haben. Während sie musisch unter Hochspannung stehen, werden sie zu Blitzableitern, um den Hörenden die Energie wiederzugeben, die sie durch den Alltag oder einem scheiß Erlebnis abgegeben und dazu sich aufgegeben haben. „Ambivalence“ bewegt sich zwischen Verletzlichkeit und Angriffslust und darf gerne ungeteilten Beifall erhalten.

Für Fans von: Amyl and the Sniffers, CAVA, Riot Spears, Queen, Banana Of Death, Bad Brains

Wertvolle Links: