Louise Patricia Crane ist eine verträumte Musikerin aus Nordirland, die es gerne in die Anderswelt verschlägt, in derer sie ihre Magie versprühen kann. Die Musik ist ihr wahres Ich, welches sich bereits bei Solemn Novena, Raven Adore und The Eden House austoben konnte, bis es auf Solopfaden tanzen wollte.
Ihre Musik ist stets von kreativer und lieblicher Natur, zudem entführen irisch/keltische Nuancen die Hörenden in ihre fantasievolle Welt. Jedoch hebt sich „Netherworld“ von ihrem gitarrenbetontem progressivem Rock ‚n‘ Blues Debüt „Deep Blue“ von 2020 deutlich ab. Denn mit „Netherworld“ stieg sie tiefer in ihre Psyche hinab, um diese in dem neuem Album zu manifestieren, wenn sogar Bedrückendes zu verarbeiten. Umso mehr wuchs „Netherworld“ zu ihrem Spiegelbild der Leidenschaft. Es wurde zudem inhaltlich bedachter, instrumental verspielter, folkiger und smooth-jazziger dazu. Außerdem sind Parallelen zur genialen revolutionär-exzentrischen Pionierin Kate Bush zu finden, die Louise Patricia Crane geradezu verehrt.
Vier Jahre lang schrieb sie an ihrem „Netherworld“, einem Konzeptalbum, worin sie die Geschichtenerzählerin ist. Dies verdeutlicht u.a. das anmutende Artwork des Covers, auf dem sie in einem prächtigem Gewand gekleidet aus einem antiquarischen Buch der Gebrüder Grimm liest. Um die Figur der „Geschichtenerzählerin“ visuell in Szene zu setzen, gefiel ihr die Idee einer verlorenen Seele in mediävalen Kleidern. „Ich wandte mich an die fantastische italienische Designerin Grimilde Malatesta, die das atemberaubende blutrote Kleid auf dem Cover und dem gesamten Albumcover entworfen hat. Und flog ins schöne Norditalien, um die Fotos für das Album machen zu lassen.“
Das Schreiben von „Netherworld“ führte in ihre Vergangenheit und sie vergrub sich tief in ihre Seele. Dabei konnte sie nicht annährend vorhersehen, was in ihr geschah, bis sie es niederschrieb. „Das Betrachten der Sterne und Tagträume über andere Welten, weit weg in den Weiten des Weltraums, über mögliche andere Leben und verlorene Lieben, sind für mich romantisch und auch tröstlich.“ In ihrer Kunst ging es ihr schon immer darum, den Ort zu verlassen und an einen zu gelangen, der ihre Sinne anspricht.
Die Singer-Songwriterin, die in ihrer Arbeit ein breites Spektrum an musikalischen und künstlerischen Einflüssen verwendet, erschloss einen Sound, der ihr eigener wurde. Dieser reicht vom gitarrenlastigen progressiven Rock der 70er bis hin zum avantgardistischen Dream-Pop der 80er. Louise Patricia Crane vermischt all ihre Einflüsse, um ihren ganz eigenen Zauber zu schreiben.
Der Opener „Dance With The Devil“ lässt sich von der irischen Folklore und der Mythologie ihrer Herkunft inspirieren, um ihre selbstzerstörerische Vergangenheit frontal anzugehen. Inmitten eines fantastischen Panoramas, das unweigerlich an Kate Bushs „Hounds Of Love“ und „The Sensual World“ erinnert.
Mit einem verspielten „Tiny Bard“ setzte Louise Patricia Crane ihren Kater Bosco in Szene, der sie für ihr Songwriting inspirierte. Mit einer Anspielung auf ein Kinderlied, das sie in ihrer Kindheit geliebt hatte: „‘Pussycat Pussycat, Where Have You Been?“. Bosco trifft in seinen tollkühnen Geschichten auf einige bekannte Figuren aus den Grimm‘schen Märchen wie Rotkäppchen und Rapunzel.
„Celestial Dust“ ist die Geschichte eines tagträumenden Filmvorführers, der die fernen Sterne beobachtet, nur dass sie diesmal diejenigen auf der Leinwand sind. „Der Filmvorführer phantasiert darüber, wie diese anderen Welten aussehen, und macht dann für eine Weile einen Schritt in diesen surrealistischen Traum hinein.“
Anlehnend an Shakespeare beschreibt „Toil And Trouble“ die turbulente und oft erschreckende politische Landschaft, in der Louise Patricia Crane aufgewachsen ist. Es schmiegt sich an schicksalhaften Begegnungen an, die zu Irrungen und Wirrungen führen und im vertrautem Heim ausgefochten werden.
In „Spirit Of The Forest“ rief sie die Gefühle hervor, die in ihr eine bestimmte Kindheitserinnerung auslöste. „Als ich ein Kind war, hatte mein Vater die Erlaubnis, in dem privaten, weitgehend unberührten, üppigen, dicht bewaldeten Land von Mount Stewart zu fliegen und unsere Raubvögel zu jagen. An einem Sommertag stießen wir dort auf einen versteckten, kleinen Haustierfriedhof. Mitten auf der Lichtung brach das Sonnenlicht durch die dichten Bäume und beleuchtete die hellen, mit Moos bewachsenen Ruhestätten. Einst waren es kleine tierische Gefährten der Menschen, die nun wahrscheinlich auch schon lange tot waren.“
In dem düstersten Song des Albums „Bête Noire“ halluziniert Louise Patricia Crane mit ihrem Unterbewusstsein. Der Schmerz wispert ihn willkommen zu heißen. In diesem ausgefallenem Stück experimentieren jazzige Einflüsse mit ihren progressiven Visionen.
Und in fast jedem Märchen gibt es ein wohlwollendes Ende. „Midnight View“ ist eine „Happy Ending Story“, der krönende Abschluss ihres kostbaren Märchenbuchs: „Ein abschließender Moment der Hoffnung – ein Gegengewicht zu dem gespenstischen irischen Volkslied am Anfang – wo wir in die Geisterwelt hinabgestiegen sind.“
Ihr zweites Album „Netherworld“ trachtet nach Bewunderung, aufgrund der eingesetzten instrumentalen Substanzen, die einen folklor‘ischen Reiz ausüben, der im Umfang eines Saxofons sowie mit dem Erklingen einer Spieluhr gesteigert wird. Und durch ihren literarischen Anspruch, womit sie ihr eigenes Liederbuch geschaffen hat, ruft sie einen musischen Glückmoment hervor, der auch optisch ein Hingucker ist. „Netherworld“ ist ein charmantes Vergiss – mein – nicht, worin Louise Patricia Crane unglaublich viel Liebe steckte; in ein tief verwurzeltes Herzensprojekt, das einer Beachtung wert ist.
Wertvolle Links: