Marliina ist eine ausgebildete Sängerin, Vocal-Coach, Komponistin und nebenher noch eine Magenta Schönheit, die ihrem Instagram Account ordentlich Futter gibt. Sie hat stets viel zu erzählen, witzelt herum und besitzt ein hohes Maß an Respekt anderen Künstler:innen gegenüber. Mit der Kriegsbemalung und dem Federschmuck hat sie ihr Jugend-Ich hervorgebracht. Und mit „Farewell“ flog ein großer Teil von ihr in die Welt. Diesbezüglich habe ich mit ihr gesprochen.
Ach – WICHTIG – am 9.Juli 2021 erscheint ihre neue Single „Dreamer“. Diesen Song singt sie zusammen mit ihrer besten Freundin Maja Hucke. „Dreamer“ erscheint auf sämtlichen Plattformen. Auf Spotify könnt ihr diesen pre-saven: Pre-Save „Dreamer“
- Du hast Mitte Mai Dein „Farewell“ in die Welt fliegen lassen. Wie geht es Dir damit? – Du hast auch mit diesem Stück Dein Innerstes preisgegeben, quasi einen musikalischen Seelen-Striptease hingelegt. Der Song ist zerbrechlich, aber auch Mut machend. „Farewell“ hat für Dich einen persönlichen und emotionalen Wert. Und bedeutet Dir auch sehr viel.
Mir geht es damit hervorragend! Ich hatte lange überlegt, ob ich diese Seite von mir zeigen möchte. Mein Text und meine Geschichte sind sehr ehrlich. Ich möchte anderen, die auch eine schwere Zeit durchmachen, Mut zusprechen. Es gibt immer einen Weg raus und man kann so vieles erreichen, wenn man sich selbst nicht aufgibt.
- Dein Mantra ist Dir sehr wichtig: „Far away from all the dark thoughts / I will break all the limits / There are new chances rising / All over the horizon“ („Weit weg von all den dunklen Gedanken / Ich werde alle Grenzen sprengen / Es steigen neue Chancen auf / Überall am Horizont“) Kam dieser im Traum zu Dir, während eines Gebetes vielleicht? Also, Hand aufs Herz, erzähl‘ mir darüber.
Mein Mantra kam mir beim Klavier spielen, als ich dieses Projekt fast hingeschmissen habe, bevor es überhaupt hätte beginnen können. Ich hatte sehr lange schmerzhafte Entzündungen in meinen Armen und im Rücken. Es hat mir wehgetan zu atmen. In diesem Moment saß ich da, wollte an einem Song arbeiten und konnte keinen Ton halten. Ich war so frustriert, dass ich geweint habe und dachte alles geht den Bach runter. Das hat mich so wütend gemacht; ich will mein Leben selbst in die Hand nehmen.
Der Satz war plötzlich in meinem Kopf, ich glaube ganz fest daran, dass wir alles erreichen können, was wir uns erträumen. Und sicherlich auch darüber hinaus! Dieses Mantra hat mir Mut gemacht und erinnert mich daran, dass ich alles schaffen kann, was ich mir vornehme.
- Du kannst auf eine schwere Zeit zurückblicken, die auch steinig war. Eine Erkrankung suchte Dich heim, die auch andauerte. Doch Du hast nicht aufgegeben, obwohl Dir gesagt wurde, dass Du Dir „etwas anderes suchen sollst“. Die Musik muss Dir sehr viel bedeuten? – Sodass Du Deinen Traum vordergründig ans Schwert stelltest und dann damit in den Kampf gezogen bist.
Ich habe sehr früh angefangen Musik zu machen. Mit sieben habe ich angefangen Geige zu spielen und später habe ich mich dann an unser Klavier und an die Gitarre getraut. Musik ist für mich immer ein Ventil gewesen. Ich hatte eine nicht so schöne Schulzeit, nach dem Unterricht bin ich entweder nach Hause an unser Klavier oder nach Bad Homburg gefahren, um Straßenmusik zu machen. In der Musik kann ich mich kompromisslos ausdrücken und entfalten. Ich wollte schon immer Musikerin werden und kann mir keinen anderen Beruf vorstellen.
- Apropos; zu Dir wurde auch mal gesagt, dass Du das Klavier lassen solltest. Ernsthaft? Sieh mal, sag das mal Amy Lee, Tori Amos oder Alicia Keys. Ich glaube, der/diejenige hätte rasch die Faust im Gesicht. Ich denke, dass das Klavier Deine Stimme zur Stimme ist.
Wegen der Faust musste ich gerade sehr lachen! Ich nehme sehr gerne konstruktive Kritik an, allerdings war bei dem Herren, der mir dazu riet das Klavier links liegen zu lassen, nichts Konstruktives zu verstehen. – Leider! Er meinte nach einem Konzert zu mir, dass das alles ja sehr nett sei, ich aber wesentlich besser wäre, würde ich mich nur auf eine Sache konzentrieren. Ich habe ihm sehr freundlich erklärt, wie gerne ich auch Klavierstücke schreibe und dass mir mein Klavier dabei hilft, in die Stimmungen zu kommen, mit denen ich so gerne schreibe. Er hat mich dann weiterhin belehren wollen und mir auch nicht wirklich zugehört, konnte mich aber nicht umstimmen. Ich bin steht’s freundlich geblieben, er ist dann irgendwann beleidigt gegangen und eine Frau nebendran meinte zu mir, „Na Sie haben aber ein Ego.“
Ich bin eine ausgebildete Sängerin und habe im Nebenfach Klavier studiert, ich weiß genau, was ich tue, dafür muss ich mich auch nicht rechtfertigen. Wie gesagt, nichts gegen konstruktive Kritik!
- Was ich so toll an Dir finde, ist, dass Du stets an Dich geglaubt hast. Möchtest Du das auch in dem Album vermitteln, welches Du dieses Jahr veröffentlicht werden soll? Das Album ist dann auch zu 100% Du selbst?
Dieses Album bin zu 100% ich. Mir wurde in den letzten Jahren oft gesagt, „Schreib doch mal was Fröhliches, mach doch mal so und so…“ Niemand hat mich gefragt, wo ich eigentlich hin will und um ehrlich zu sein, wollte ich es so lange allen recht machen und jedem gefallen, das hat mich ganz wahnsinnig gemacht. Durch den ersten Lockdown 2020 hatte ich endlich mal Zeit durchzuatmen. Ich war erleichtert, endlich mal nicht nur abliefern zu müssen, hatte zwei Jobs verloren und dadurch viel Zeit um Musik zu machen. Mir ging es so schlecht, dass es einfach eine Erleichterung war! Kaum vorzustellen…
Ich hatte endlich Zeit, meinen eigenen Sound zu finden, habe niemandem von meinen Songs erzählt, sie niemandem gezeigt, außer ausgewählten Freunden, die mich meinen ganzen Weg begleitet und unterstützt haben. In dem Album habe ich meinen Weg verarbeitet, mit wunderschönen Momenten, allerdings auch mit Tiefpunkten. Meine Single „Farewell“ schließt die Reise ab und ich hoffe das ich Menschen erreichen und berühren kann, die ebenfalls eine schwere Zeit durchmachen. Ich möchte ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind und wozu wir fähig sind, wenn wir es nur wollen. Und das es aber auch in Ordnung ist, mal nicht direkt aufstehen zu können! Manche Dinge brauchen Zeit und das ist vollkommen normal.
- Um das Album produzieren zu können, hast Du auch Dein Erspartes verwendet. Mich würde es sehr interessieren, was ein einziger Song kostet oder gekostet hat, den Du produzierst. Von den eigenen „Arbeitsstunden“ mal abgesehen.
Das ist schwierig runter zu rechnen. Ein Studiotag kostet um die 600€, je nachdem wie schnell man beim Aufnehmen ist, dauert es länger oder weniger lang. Man will seine Sache aber auch ordentlich machen! Die Songs müssen im Nachgang noch editiert, gemixt und gemastert werden. Je nach Studio werden hier Tage oder ein Betrag pro Song abgerechnet. Hierfür habe ich meine Songs noch an zwei weitere Tonstudios zur Nachbearbeitung geschickt. Insgesamt bin ich meine ganzen Ersparnisse, die eigentlich für ein Auto gedacht waren, losgeworden. Wehgetan hat diese Investition allerdings nicht, ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis!
- Jahrelang hast Du täglich nach der Schule auf der Straße Deiner Stadt musiziert und wurdest nicht müde dabei. Damit hast Du Deinen Musikunterricht finanziert. Hat sich das auch aus Deiner Sicht gelohnt?
Voll! Sonst wäre ich jetzt nicht so weit gekommen! Ich liebe es, Straßenmusik zu machen. Nach wie vor! Die Menschen, die an einem vorbeigehen bleiben manchmal stehen, viele Gesichter erkennt man nach einer Weile auch wieder und neue Freundschaften sind so entstanden. Insgesamt ist Straßenmusik eine unersetzliche Erfahrung, die ich nicht vermissen möchte.
- Du hast eine Ausbildung in Pop-Musik absolviert. War es für Dich von Anfang an klar, dass Du selbst Deine eignen Songs schreiben, komponieren und selbst aufnehmen möchtest? Oder kam der Sinn dazu auf anderen Wegen zu Dir?
Ich war Anfang etwas schockiert, dass ich zu jeder Prüfung einen eigenen Song schreiben sollte! Vorher habe ich nur Instrumentale geschrieben und zwei Songs, mit denen ich mich beworben hatte. Komponieren wollte ich insofern schon immer, meine Stücke auch selbst aufnehmen. Das Songwriting hat sich dann während meiner Ausbildung eingeschlichen, mit der Zeit bin ich immer besser darin geworden. Nun liebe ich es, zu Texten und zu komponieren und gebe mein Wissen nun an meine Schüler weiter. Es macht so viel Spaß!
- Du bist, wie ich, ein großer Evanescence Fan. Und ich kann schon sagen, dass etwas von Amy Lee sich in Dir widerspiegelt. Auch, wenn Du auf Insta live gehst, ist die Band im Hintergrund hörbar oder Du singst was von Ihnen. Ok, bei welchem Song hättest Du Dir gewünscht, dieser wäre von Dir? Und wie viel Evanescence ist in Dir? Was gibt Dir diese Band?
Das ist eine sehr schwierige Frage! Amy Lees Klavierspiel hat mich schon immer sehr fasziniert und ich wollte immer so schreiben und spielen können wie sie. Und das hört man denke ich auch sehr stark an meiner Klavierbegleitung! Mittlerweile kristallisiert sich bei mir aber auch ein eigener Stil heraus.
Ich liebe den Song „Good Enough“, aber auch die Akustik Version mit Cello von „Lithium“ ist der Hammer. Auf dem neuen Album „The Bitter Truth“ sind mehrere Songs, die ich gerne geschrieben hätte! Diese Band gibt mir ein Gefühl, was sich nicht in Worte fassen lässt. Es ist so, als würde ich zu Hause ankommen, und auch wenn ich die Lieder am Klavier spiele, habe ich auf einmal so eine Power in meinen Fingern und in meiner Stimme. Anders kann ich es nicht beschreiben, nur sagen, dass ich dieses Gefühl liebe.
- Kurz was anderes: Ich mag das „Infinite“ Promobild sehr gerne. Du hast Dich stilistisch nun „anders“ ausstaffiert. Dennoch möchte ich gerne wissen, wer hinter Federschmuck, „Gesichtsbemalung“ und Magenta-pinken Haar steckt. Wer ist Marleen alias Marliina in der Realität?
Mit der Kriegsbemalung und dem Federschmuck habe ich mein Jugend-Ich hervorgebracht. Ich habe als Teenager so viele Fantasy-Romane gelesen und wäre so gerne in so einem Universum aufgewachsen. In der Schule habe ich mich ausgeschlossen gefühlt, ich konnte mich nie für die Dinge begeistern, die meine Mitschüler mochten. Sprich schöne Handtäschchen und die neusten Handys, welche Marke man trägt oder welches Auto man fährt. Ich verstecke mich nicht hinter einem Kostüm und trage immer mal etwas anderes.
Ich liebe Anzughosen, Spitzenbodies, meinen schwarzen Eyeliner und bunten Liedschatten. Auch in meiner Freizeit trage ich ab und an Federn in den Haaren und male mir eine dezentere Kriegsbemalung ins Gesicht.
Es macht mir großen Spaß, mich auszuprobieren. Ich würde sagen am besten kann man meinen Look als Alternative und Gothic zusammenfassen. Alles was man von mir online sehen kann bin ich, ganz ungefiltert, meistens mit einem breiten Grinsen im Gesicht und guter Laune. 🙂
- Zum Schluss: Gibt es für Dich eine Künstlerin, zu der Du aufschaust, die Dir Kraft und Inspiration schenkt?
Es sind drei! Amy Lee, Lindsey Stirling und Brendon Urie von Panic At The Disco. Alle drei sind unglaublich beeindruckende Künstler, unfassbar kreativ und drücken sich in ihrer Art so wunderbar aus. Es macht mir großen Spaß ihre Videos anzuschauen, seien es Brendon und Lindsey mit ihren verrückten Kostümen oder Amy so wunderschön, wie sie einfach ist, am Klavier.
Wertvolle Links:
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Fotos: Elmas Bagci