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Nobody’s Wolf Child – Erbsa’s Songs of the Sea
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Reviews Nordic Diamonds

Nobody’s Wolf Child – Erbsa’s Songs of the Sea

Nobody’s Wolf Child stammt aus einer Grafschaft von Großbritannien, die eine eigene Welt, voller Fantasie und Geschichten mit musischer Magie erschuf, welche tief unter die Haut geht. Hinzukommend ist ihre Stimme, die so strahlt, wie die Morgensonne, die einen wachkitzelt, aufhorchen und innehalten lässt. Die jedoch auch so bissig sein kann, wie Zähne, die die Schwäche des Menschen schneidet. Sie selbst trägt ihre Geschichten lieber als maskierte Wölfin vor und zieht sich alsbald in die Wälder zurück, wenn der Mensch ihr zu viel wird, um in der Visualisierung ihre Kraft zu gewinnen.

„Erbsa called to the sea, and the Selkie girl answered. But she wasn’t the only creature that answered her call.“ – Nobody‘s Wolf Child

Alles fing damit an, als Erbsa, die sanfte weiße Wölfin, den Ruf des großen Ozeans gespürt hat. Sie verließ das innere Heiligtum des Waldes, um den subtilen salzigen Düften zu folgen, die im Wind wehten. „Erbsa hat eine besondere Art Geschichten von wilden, schönen Dingen zu erzählen, weil sie selbst ein wildes, schönes Ding ist und alles mit einem reinen und guten Herzen fühlt.“ – erzählt das Wolfskind.

Der Opener „10,000 White Horses“ ist in der Folk- und Shanty-Geschichte verwurzelt. Hinter der Stirn entstehen Bilder wie fliegende Pferde mit einer Welle galoppieren, um die Befehle an ihre Orte zu bringen. Beruhigende Worte finden ihren Weg, während man am Strand steht und dem Wellengang lauscht. Windgesänge zieren diesen Song, der sich anfühlt, als würde er schon seit Jahrhunderten existieren.

>>Selkies sind sog. Robbenmenschen, die nachts an Land in der Lage sind, die Seehundhaut abzustreifen und wie ein Mensch auszusehen. Dabei müssen sie auf ihr abgelegtes Fell gut achtgeben. Der Legende nach, bleibt einem Selkie die Rückkehr in die Robbenform verwehrt, wenn er seine Seehundhaut verliert. (Quelle: Marmaid Mania]<<

Der Song „Selkie“ erzählt die Geschichte eines Selkie-Mädchens und des Mannes, der ihre Haut gestohlen hat, nur damit ihre schattenhaften Wächter sie retten. Die minimale Instrumentierung schafft eine lebendige, filmische Kulisse, während der Gesang im Mittelpunkt steht, der durch die Harmonien schwebt. Die Struktur des Songs spiegelt die Tiefe und das Geheimnis des Ozeans wider, mit tiefgründigen Schichten von Emotionen und Klängen.

Das Wolfskind belebt Tim Buckleys „Song to the Siren“ in ihrer Version neu auf. Jedoch bestückt sie diesen Song mit einer üppigen, von Synthesizern durchzogenen Landschaft, die an Sirenen erinnert, die durch die Tiefen der EP schwimmen. Der Gesang des Wolfskindes lockt die Seemänner auf hohe See, während Windgesänge ihr Fell umschmeicheln. Eines Tages sollte der in den 60ern geschriebene Song so klingen, wie er in ihrer Art erklingen sollte: wie ein „Etheral Masterpiece“.

„Secrets and Seabirds“ ist eine eindringliche Eigenkomposition, die zutiefst tragisch ist. Zumal die Strenge des Eröffnungsstücks im Kontrast zu den anderen Songs der EP steht und die Schwelgenden weiter in die ozeanischen Tiefen zieht. Es ist ein Song über die innere Stärke, die so unbeugsam wie ein Baum im Wind ist. Derweil wird knurrend der Mensch beobachtet, wie er die Natur missachtet und sein gieriges Unwesen treibt.

Die meisterhafte EP schließt mit einer Adaption des Seemannsliedes „A Drop of Stranger’s Blood“ ab. Der Song spiegelt die Stimmen von Seeleuten wider, die sich auf dem Meer zwischen Selkies, Sirenen und anderen mystischen Kreaturen verirrt haben könnten. Auch das Schaukeln des Schiffes mit Wellengang ist hörbar, wobei das Anstoßen des Kruges nicht fehlen darf.

Mit „Erbsa’s Songs of the Sea“ gelingt es Nobody‘s Wolf Child tiefe Empfindungen wachzurufen, sodass die Sinne still bleiben und zuhören. Selbst die Stimmen im Kopf verstummen, um die eindrucksvollen Geschichten zu genießen. Als stünde sie auf einem Felsen, die Umgebung intensiv beobachtend, um daraus Nahrung für ihre Songs zu ziehen. Und mit dem Instinkt einer Wölfin, wird jeder ihrer Songs zu einer Wohltat, die durch die hohe nordische Musikkunst geprägt ist. Das kleine mystische Album ist für die Ewigkeit, in seiner Wirkdauer jedoch zu kurzweilig. Dieses „Anfüttern“ reicht für einen kleinen Hunger kaum aus. Dementsprechend bedarf es nach mehr Veröffentlichungen von Nobody‘s Wolf Child, um den hungrigen Ohrwurm zu stillen.

Who’s afraid of the big bad wolf?

Auch abseits von „Erbsa’s Songs of the Sea“ sollten all ihre bereits veröffentlichten Singles gehört werden, denn diese sind genauso durchdacht und anbetungswürdig wie diese EP. Ferner zieren atemberaubende Cover die jeweiligen Singles, die zum visuellen Fest werden. Wer nordische Musik liebt, den „Cinematic-Etheral-Sound begehrt, u.a. mit Wardruna, Eivor, Kalandra hörend flirtet, wird mit Nobody‘s Wolf Child reich beschenkt.


***Donnerwetter! Was für eine Stimme! Was für eine exquisite Soundlandschaft. Was für eine durchdachte Musik. Was für eine Erscheinung! Ich bin sehr dankbar darüber, dass mir die EP zugeschickt worden ist.

Bis jetzt sind noch keine physischen Pressungen veröffentlicht worden. Alle Aufnahmen sind digital in der Welt verankert. Es sei noch gesagt, dass Nobody’s Wolf Child keine negativen Energien auf ihren Plattformen duldet, was ich sehr gut finde. #nohatespeech

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