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Tvinna – One – In The Dark
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Dark Diamonds Reviews

Tvinna – One – In The Dark

Tvinna ist ein Zirkel aus den leidenschaftlichen Musikerinnen: Laura Fella von Faun, Fiona Rüggeberg (ehemalige Gefährtin Fauns) und Fieke van den Hurk, die Musikerin und Produzentin u.a. für Eivør ist. Diese drei wunderschönen Frauen halten das Ruder fest in der Hand. Doch werden sie von den Herren der Schöpfung: Rafael Salzmann (Eluveitie) an der E-Gitarre und am Bass, sowie von Jasper Barendregt (Ulsect u.a.) an den Drums & El.-Percussion, im tvinna’ischen Boot unterstützt. Die Herren brachten zu ihren Gaben, erlesene instrumentale Tropfen mit, und rundeten somit ein elementares Debüt ab.

Während des Durchblätterns, des ästhetisch anmutigen Booklet, wird das Element Wasser sichtbar. Das Urelement wird in beachtlichen Design hervorgehoben und bildet obendrein den ersten Teil einer zusammengehörigen Tetralogie. Somit ist „One – In The Dark“ die erste von vier Konzeptionen, welche die vier Elemente in musische und gesangliche Gewandung kleidet.

Der Titel „One – In The Dark“ bezieht sich darauf, dass Tvinna eine Einheit im Dunkeln bildet. Jedoch gibt es hierbei mehr zu hören, als nur eine pechschwarze Nacht. Tvinna erinnern an Sagen, Gebete, das weibliche Wesen in Verbundenheit und Erwachen. Ferner ist es herrlich Gebete in dieser Form einzusaugen, die es nur auf Papier oder vom Hörensagen gibt. Für Tvinna scheint es ein Leichtes zu sein, Musik in die Gedanken der Hörer zu projizieren, während Glühwürmchen ziellos umherschwirren.

Neun Triumphlieder zieren ein prächtiges Album, die wie im Wasser, unterm Sternenhimmel, glitzern. Laura Fella und Fiona Rüggeberg werden stimmlich eins, als echoten sie aufeinander zu oder vereinen ihre Stimmen zu tanzenden Quellen der Natur. Dazu fühlen sich die Songs schwerelos, nahezu schwebend an. Es ist ein Album voller Glanz und einfach darin einzutauchen, wie in angenehmes Nass. Mit „One – In The Dark“  im Herzen fällt es leicht an andere Orte zu verschwinden. Auch fließen die Gebete in aller Kraft aus den Handflächen gen Himmel, sobald die Musik spielt. Es wird schwierig werden, ihre Musik aus den Gedanken zu vertreiben, wenn das Ufer erreicht ist und der letzte Klang verhallt.

Mit dem Eröffnungsstück „The Gore“ zeigen die drei tief verbundenen Damen Fiona, Laura und Fieke wie innig Herzen schlagen können. Dieses Lied schrieben sie gemeinsam, und erzählen über die erste Single-Auskopplung: „‘The Gore‘ erzählt vom Leben. Das Leben, das durch unsere Adern fließt, das unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft mit sich trägt. Mit diesem Lied reflektieren wir über unsere immerwährende Verbundenheit, dieses unentrinnbare Geheimnis der Natur, das wir tief in uns tragen. Das Lied erzählt von den Leben, den Lieben und den Leiden derer, die vor uns waren – unseren Müttern, unseren Schwestern, unseren Vätern und unseren Brüdern – und davon, wo wir ihre Spuren finden können. Es ist die Verbindung zwischen jedem einzelnen von uns – ein Lied über das Blut, das unsere Erde tränkt.“

Das zweite Stück trägt in der Dunkelheit die Zahl „12“, welches aus sich heraus zu leuchten scheint. Hierbei hat die Göttin Perchta ihren Auftritt. Tvinna frönen sie und lassen die Göttin schwungvoll in die Lüfte der Raunächte erheben. Damit lässt es sich mit diesem wunderbaren, zusammengeführten Klanglauten ein Räucherstäbchen anzünden, sowie gedankenloses tanzen, ungeahnt, wie ein:e andere:r dieses Lied für sich selbst interpretiert. (–Lieblingslied, ein geniales Abtanzstück!)

Für „Kreiz“ (Der Kreis) fuhren die beiden Seemänner Jasper und Rafael Tvinna ans Ufer, um die begnadete Eivør mit ins Boot zu holen. Der Song möchte aussöhnen; das beklemmende Schicksal loszulassen und die neu erworbene Freiheit auszukosten, damit die innere Quelle gefunden werden kann, um Ungeahntes zu vollbringen.

„Inside – The Dark“ ist ein sehr robuster, eindringlicher und ein in sich erzitternder Song. – Als ob man sich daran verbrennen würde, oder morsche Fensterläden vom nächsten Windstoß aus den spärlich befestigten Angeln heruntergerissen werden.

Mit „Sunna“ (Die Sonne) wurde das „Wessobrunner Gebet“ im Tvinna’ischem Stil für das Debüt neu vertont, welches einst um 814 entsprossen war. Das Gebet besagt die Weisheit und Kraft zur Vermeidung von Sünden, welches aber auch als Zauberformel gedeutet werden darf.

„Tides“ wird durch herrschenden Electro-Sound dargelegt, welcher von starken Windböen und Regenfällen eingeholt wird. Als ob auf hoher See eine riesige Welle über einen stürzt und man zu ertrinken droht.

Mit der Abenddämmerung und dem letzten Stück des Albums wird mit „Skymning“ ein wundervolles und mannigfaltiges Album beendet, welches voller mystischen und sphärischen Edelmuts, nur so strahlt.

Dieses Album bringt Licht in die Dunkelheit, lässt das Wasser schimmern, die Augen strahlen, das Tanzbein schwingen. Mit Tvinna wurde eine perfekte Fügung gegründet, die ein sphärisches Debüt über das Urelement preisen.

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***Seit längerem wollte ich mal wieder ein Album dieser Art hören, und wurde mit Tvinna beglückt. Ich war der Annahme, dass „Kreiz“ = Kreuz bedeuten würde, auch das würde dem Stück Sinn in der Übersetzung geben. Ein eindrucksvolles Album, welches meinen #nichtwgt2021-Blues wegzauberte.


„Im Laufe der Geschichte haben sich Frauen in Gruppen unterschiedlicher Größe versammelt – wenn nötig im Verborgenen. Sie teilten ihr Wissen, ihre Liebe, ihre uralte Weisheit und feierten die Weiblichkeit. Innerhalb ihres Kreises schufen sie einen sicheren Raum, um Geschichten und Geheimnisse zu teilen, um sich gegenseitig Kraft und Wärme zu geben. Wir sind ein Kreis, eine Gemeinschaft, eine Versammlung. Wir haben die Fäden gewebt, die Frauen vor Jahrhunderten zu spinnen begonnen haben. Wir haben sie in Wellenformen verwoben – die Form von Musik. Indem wir die Reinheit der Stimme und die Klangwelt, die Musik schafft, nutzen, machen wir uns auf den Weg, aufzuerstehen, zu heilen und zu erwecken, was eingeschlafen ist. Mit unserer Musik entfesseln wir diese weibliche Kraft in jedem von uns – um jeden zu stärken und zu trösten, der bereit ist, sie zu fühlen und zu empfangen, wer in Not ist. – Wir verstecken uns nicht mehr. Wir sind eins im Dunkeln.“, so  Tvinna auf ihrer Homepage.

Photo by Samantha Evans