❖ Female Voices ❖ the alternatives ❖
You Are Reading
Vivie Ann – When The Harbour Becomes The Sea
0
Reviews

Vivie Ann – When The Harbour Becomes The Sea

Lieber übermütig als unterwürfig. – so heißt das Zitat von Stefan Wittlin (*1961), einem Schweizer Kolumnisten.

Und „übermütig“ war auch Vivie Ann in Bezug auf die zweite Veröffentlichung eines neuen Albums. Sie schrieb die besten Musiker an, auch in mit dem Wissen, dass sie deren Wert nicht bezahlen könne, aber dafür die besten Brownies backt. Sie muss ja echt gute Brownies backen(!), denn die erwählten Musiker kamen und sie erarbeiteten ein exzellentes Album.

„When The Harbour Becomes The Sea” wurde über die Crowdfunding Kampagne „Startnext“ finanziert. „VIVIE ANN – viel mehr als Album No. 2!“, so stand es als Überschrift geschrieben. Das angestrebte Ziel wurde erreicht und Vivie Ann, ihr Kompagnon Christoph Klinger sowie ihre Musiker leisteten ein großartiges Werk, das wahrlich viel mehr ist als nur eine Nummer.

Vivie Ann nimmt uns mit in die Szenerie ihres Lebens. Sie hat viel erlebt, gekämpft, geweint. Von daher kommt die Lyrik nicht von ungefähr. Ihre Aufarbeitung sowie der Weg der Veränderung wurden in ein expressives „When The Harbour Becomes The Sea“ gebannt.

Das Intro „No Start“ wird ausschließlich durch den Klang ihrer Stimme bestimmt! Als ob sie in einer Kirche oder in einem leeren Raum stehen würde und ihrem Kummer die Freiheit gibt, wegzugehen. Die Lyrik darin kehrt noch einmal in „No End“ als Outro zurück, nur dass hierbei der Kummer aufgrund der musikalisch-donnernden Ovation endlich versiegt.

Auch wird Vivie Anns blutendes Herz mit dem zweiten Track deutlich zum Ausdruck gebracht. Saitenzupfend wird in „Cold Water“ auf das schlagende Herz hingewiesen. Das kalte Wasser, in das sie geschmissen wurde, wurde instrumental so umgesetzt, dass auch die gesangliche Szene visuell erscheint. Hierbei wird die Kraft der Welle musikalisch perfekt zur Geltung gebracht.

Wer einen geliebten Menschen verloren hat, wird ihre Gefühle auf dem herben Verlust in „Windmills“ spüren. Hierbei ließ sie ihrem Gefühl freien Lauf, wie einst den Tränen im Zug nach Berlin. Der siebte Song des Albums entstand durch einen harten Realitäts-Aufprall. Denn vor einigen Jahren verlor sie ihre geliebte Großmutter. Eine Frau kam in ihr Abteil, die dasselbe Parfum trug wie einst ihrer Oma. Ein Zeichen! Mit diesem Song überwältigte sie ihre Angst, sich mit Sterben und Trauer auseinanderzusetzen und widmete dazu ihrer Oma einen wunderbaren Song. Die Trommeln zeigen einen Marsch der Trauer sowie den innerlichen Regen auf.

Vivie Ann lässt uns oft in verschiedene Szenerien ihres Lebens eintauchen. Ganz gleich, ob wir mit ihr gemeinsam durch eine nichts-mehr-sagende Beziehung („Obsolete Majesty“) gehen oder in die Dynamik eines Bond-Films („Loverboy“) eintauchen. Jeder Song ist anders. Aber das lag auch daran, dass Vivie Ann ihre Songs durchdacht an vier verschiedene Produzenten schickte, die dem Ganzen noch das besondere Krönchen aufsetzten.

Fazit: Ein wunderbares, schönes und sehr ehrliches Werk!