Vor 20 Jahren veröffentlichte Youn Sun Nah ihr erstes Album. Inzwischen wurde mit „Waking World“ ihr elftes Studioalbum publiziert, welches dazu ein besonderes Siegel trägt. Denn das neuste Werk komponierte die südkoreanische Jazzsängerin und Songwriterin selbst. Dabei dachte sie immer: „…sie sei noch gar nicht bereit, die Rolle der Komponistin zu übernehmen“. Dass sie mehr als bereit dazu war, wurde mit einem glänzendem „Waking World“ vollbracht. Die Aufnahmen erklingen, als hätte sie nie etwas anderes getan, als ihre Hingabe zu Melodien, Lyrik und Gesang zu feiern. – Zumal die konzipierten Instrumentierungen des neuen Werkes einem musikalischen Festmahl gleichen.
Die „Waking World“ Aufnahmen agieren zwischen katzenhafter Leichtigkeit bis hin zur energischen Ekstase. Ebenso fügen sich ihre Arrangements aus Noten, Melodien und stimmlicher Schönheit zu einer unübertrefflichen Harmonie wie auch zu einer akkuraten Klangkollage ein. Keines ihrer elf veröffentlichten Stücke erklingt desorientiert, abgehetzt oder zusammengewürfelt, als müsste es ohne Rücksicht auf Verluste veröffentlicht werden. Indessen leuchtet jede erlebte Geschichte oder bebilderte Sequenz samt ihrer höchsten Klangqualität unübertroffen auf, womit das Album brilliert.
Diese Brillanz wird mit leichten Klaviertapsen eröffnet. „Bird On The Ground“ bewirkt eine atemberaubende wie ergreifende Atmosphäre, die schwebend ist. Dazu erstrahlt ihre markante Stimme in unvergänglicher Schönheit, die eines zeitlosen Klassikers gleichkommt. Bereits die Eröffnung versprüht Bewunderung und lässt die Ohren aufhorchen.
„Don’t Get Me Wrong“ diskutiert kontroverse Denkweisen. Dabei stellt sich die Frage, wie ein Realitätsverlust sowie die wunderliche Weltanschauung geprägt werden konnte. In einem Disput aus vignettenhafter negativer Darstellung, legt die positive Lebenseinstellung folgerichtig dar, dass ein Glauben an den Hass keine guten Melodien hervorbringen kann.
Youn Sun Nah erzählt in einem stampfenden „Lost Vegas“ über Casinoleichen. Und fragt nach dem abhandengekommenen Flair, der einst die goldene Stadt Nevadas mit sich brachte. Feurige Songs wie „Heart Of A Woman sind von Natur aus ansteckend. Das belebende Lied bringt eine tanzende Verführung mit sich. „My Mother“ ist eine Hommage an die eigene Mutter und fühlt sich an, als wäre es Erinnerungsarbeit. Der Welt die Hand zu reichen und dem Tag aufgeschlossen gegenüberzustehen, verdeutlicht das titelgebende „Waking World“. Hierbei braucht es nur ein liebes Wort, um mit offenen Augen und Herzen unterwegs zu sein. „Endless Deja Vu“ ist ein eingängiger Schlussstrich, der es ernst meint: Schluss mit den Selbstanklagen.
Mit dem Album erwies die Koreanerin in „Waking World“ ein feines Gespür für Songstrukturen. Ferner tragen ihre Arrangements ihre eigne Handschrift, die erstaunlich ist. Wer diese phantastische Musikerin noch nicht für sich entdeckte, wird aufgrund dieses hervorragenden Albums sicherlich zu schwärmen beginnen.
Wissenswertes:
- Youn Sun Nah ist in Seoul in einer stimmbegeisterten Familie geboren und aufgewachsen
- Ihr Vater war Chorleiter und ihre Mutter Musicaldarstellerin
- Sie lernte als Kind Klavier spielen
- Erst Jahre nach ihrem Kunststudium absolvierte die eine Studium in Jazz und Chanson
- Ihre zweite Heimat ist Frankreich
Für die Tour 2022 wird sie bei drei Konzerten das Publikum in Deutschland erfreuen:
- 06.22 Erfurt, Jazz in the City @ Zughafen
- 06.22 Essen, Jazz in the City @ Zeche Zollverein
- 06.22 Gütersloh, Theater
Wertvoller Link:
- Homepage: www.younsunnah.com